"Früher war alles besser."
Ich habe mich inzwischen selbst dabei ertappt, wie mir dieser Satz das ein oder andere Mal über die Lippen kam.
Vieles war anders als heute.
Aber nicht unbedingt besser.
Aber nicht unbedingt besser.
Ich bin ein Kind der 80er, großgeworden bin ich zwischen Neuer Deutscher Welle, dem Mauerfall, Bauchnabelpiercings, Arschgeweihen, Buffalo Boots, Schlaghosen, Gummitwist, Stickertauschen, Plastikschnullern an Halsketten, Haddaway, Ace of Base und Marusha. Auch Cotton Eye Joe und Kurt Cobain, berühmt berüchtigte Apfelkuchen und die Love Parade zählen zu der Zeit, in der ich vom Kind zum Teenager wurde.
Früher war alles besser.
Nicht für mich.
Als Juni-Kind war ich immer die Jüngste in der Klasse. Und dummerweise beschloss mein Körper erst nach Ende der 10. Klasse, zu wachsen, so dass ich viele verdammte Jahre auch immer die Kleinste war. Als ob das nicht reichen würde, war ich nicht nur die mit der Brille, sondern auch noch die, die 24 Stunden am Tag eine Klammer tragen musste. Ein Außengestell mit Gummi um den Kopf.
Nicht einmal im Fremdsprachenunterricht durfte ich sie rausnehmen.
Meine Pubertät erlebte ich also als Zwerg mit Robocop-Antenne und ohne Brüste.
Es war ein Volkssport, mir die Schuhe weg zu nehmen und sie auf die Holzbalken unter der Decke zu legen- dort kam ich nicht mal ran, wenn ich auf einen Stuhl stieg.
Beim Sport wurde ich immer als letzte in die Gruppen gewählt- ich saß meist auf der Bank.
Außer bei Völkerball- da war ich meist die erste, die gewählt wurde, weil ich so klein und wendig war, dass mich der Ball selten bis nie traf. Meiner schulsportlichen Karriere half das allerdings trotzdem nicht.
Während andere "miteinander gingen" bekam ich höchstens mal einen berühmt berüchtigten Frage-Zettel, der zur allgemeinen Erheiterung diente.
Bei der Klassenfahrt nach Trier war es sogar unglaublich interessant, während meiner Abwesenheit meine Unterwäsche zu durchsuchen, um sich über meine BH Größe zu amüsieren.
Nein- früher war nicht alles besser.
Erst in den Sommerferien zwischen der 10. und 11. Klasse wuchs ich plötzlich rasant- und entwickelte auch sonst eindeutig körperliche Merkmale, die mich von einem "Brett" unterschieden.
Die "Hau-drauf" Rolle behielt ich trotzdem angehaftet, Klassenkameraden wird man ja nicht einfach los.
Inzwischen bin ich 35.
Die Schulzeit liegt lange hinter mir- und auch obligatorische Klassentreffen habe ich mehr oder wenig freudig erregt hinter mich gebracht.
Nein, früher war nicht alles besser. Keineswegs.
Aber - ich habe vieles draus gelernt.
Ich habe gelernt, dass die, die in der Schulzeit die beliebten und coolen sind, im späteren Leben nicht unbedingt die sind, die es weit bringen. Oder die unglaublich tolle Charaktere haben.
Ich habe gelernt, dass mein Durchhalten dieses Spießrutenlaufens jeden verdammten Tag mir beigebracht hat, weiter zu machen.
Nicht für andere- sondern für mich.
Ich habe gelernt, nicht aufzugeben- und auch nicht immer zu zeigen, was ich wirklich fühle.
Aber- ich habe auch gelernt, konsequent zu sein.
Mein Gerechtigkeitssinn und mein Streben nach Weltfrieden mag für viele unverständlich sein- vor allem in der Konsequenz in der ich das durch ziehe.
Ich habe mir selbst geschworen, dass ich nie wieder das kleine Mädchen sein werde, dass nichts sagt- und nur lächelt.
Die nicht zeigt, wie verletzt und traurig sie ist und wie klein sie sich fühlt.
Es gibt nur 2 Optionen:
Klappe halten.
Klappe halten.
Oder lauter sein.
Lauter als die anderen.
Lauter als der Mob der dich klein macht. Lauter sein und aufstehen und mit dem Finger auf die Ungerechtigkeit zeigen und sagen:
"Nicht mehr mit mir!"
"Nicht mehr mit mir!"
Ich habe mich entschieden, laut zu sein.
Und ich habe mich entschieden, meine Töchter zu lauten Mädchen zu erziehen.
Mädchen, die wissen, was falsch und richtig ist und dafür einstehen.
Mädchen, die wissen, was falsch und richtig ist und dafür einstehen.
Auch wenn es sich manchmal verdammt scheiße anfühlt, das Richtige zu tun, so ist es besser, als das Falsche zu tun und sich noch mieser zu fühlen.
Rückgrat statt Gleichschritt.
Dafür stehe ich.
Ich kann nicht ändern, wie meine Schulzeit gelaufen ist.
Aber ich kann dafür sorgen, dass meine Töchter sich niemals so fühlen müssen.
Sie sollen stark sein und laut. Verdammt laut. Und sie sollen den Mut haben, einzustehen für das, was ihnen wichtig ist. Vor allem für sich selbst.
Das ist der Grund, warum ich meiner kleinen Tochter das SHUT UP or be louder auf ihren Schlawiner geplottet hab.
Sie SOLL laut sein.
Wild und frech und mutig und LAUT!
Damals gab es genug, die mitgelaufen sind, mitgejohlt haben, geklatscht und sich toll fühlten, im Klassenverband auf die Kleinen, Schwachen draufzuhauen.
Meine Töchter werden niemals solche Lemminge werden. Keine Mitläufer.
Meine Mädchen sind LOUD!
And so am I.
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