Donnerstag, 24. November 2016

Keiner sagt dir.....

Wenn du klein bist, willst du nur eines:
endlich groß sein.
Du willst erwachsen sein, einen Job haben, eine eigene Wohnung, einen Partner der dich liebt .. und Kinder.

 
 

 
Doch keiner, absolut keiner, bereitet dich darauf vor, wie es ist, erwachsen zu sein.
Keiner sagt dir, dass du, wenn du erstmal erwachsen bist, nicht mehr wegrennen kannst. Nicht liegen bleiben kannst in deiner dicken Bettdecken-Höhle und die Welt ausblenden. Keiner sagt dir, dass jedes Kind deinen Stressfaktor vervielfacht. Keiner sagt dir, was auf dich zu kommt.
Bevor morgens alle Kinder aus dem Haus sind- und meist auch, bevor ich überhaupt geduscht und angezogen bin, habe ich bereits die Spülmaschine aus und wieder eingeräumt. Ich habe alle Betten gemacht und Wäsche abgehangen, aufgehangen, die nächste Ladung angeschmissen und rumliegende Dreckwäsche eingesammelt und sortiert. Ich habe die Kissen auf dem Sofa aufgeschüttelt und alle Wolldecken vom Vorabend zusammengelegt. Den Tieren Essen gegeben und Wasser kontrolliert. Das Frühstück für die Schule gemacht und nebenbei einen Kakao im Stehen getrunken.
10 Sekunden, nachdem ich das Kinderzimmer der Indianerprinzessin verlassen habe, sieht es dort aus wie nach einem Bombeneinschlag. Denn sie hat alle Puppensachen auf dem Boden ausgekippt und muss mindestens Mali und Lotta umziehen bevor es in die Krippe geht- je nach Wetterlage, selbstverständlich.
Zähne putzen, Haare kämmen, Kinder waschen, Windeln wechseln, über den Sinn und Unsinn von Strumpfhosen und Unterhemden diskutiert. Mindestens 20 Mützen und Handschuhe wieder zurück in die Schublade gestopft. Meist staubsauge ich noch, denn ich habe noch immer keine Erklärung dafür, was die Tiere nachts im Haus anstellen, während wir schlafen. Ganze Fellberge erwarten mich morgens im Flur....
Dann bin ich also endlich fertig und verfrachte das letzte von 3 Kindern ins Auto.
Bepackt mit 1 Rucksack (enthält 2 Puppen, eine Spieluhr, einen bis 2 Kuschelhasen, 1 Nucki und Wechselkleidung für die Puppen) und einer Sporttasche (enthält Maschhose und Matschjacke sowie diverses Auffüllmaterial für die Kita, von Windeln, Feuchttüchern über Wechselwäsche). In der einen Hand hält sie mindestens 1 Buch, in der anderen Hand einen Nucki.
Gut gelaunt ruft sie: "Hamwas, ham was????!" und singt lautstark ihre Kinderlieder, während ich überlege, was genau heute auf dem Plan steht.
An 4 von 5 Tagen die Woche arbeite ich. 2 Vormittage außer Haus, zwischen 2 bis 4 Nachmittage zuhause.
Mit dem Hund gehen, Wäsche abhängen, aufhängen, Spülmaschine ausräumen, Mittagessen vorbereiten,.... ab 14 Uhr zuhause weiter arbeiten.
Meist bis 17 Uhr.
Dann sind spätestens alle Kinder und der Mann zuhause.
Erzählen von ihrem Tag. Haben Hunger, wollen Abendbrot essen.
Ich hab aber leider noch Elternsprechtag, Elternabend, 1 von 3 Kindern hat Husten und muss zum Arzt.
Ich hab vergessen, Milch zu kaufen.
Die Indianerprinzessin heult weil die Puppe immer ihren Schuh verliert. Der wilde Kerl heult, weil das Lego nicht stehen bleibt. Das renitente Teenagermädchen versucht zwischen all dem Gekreische, DAS DRAMA zu erzählen, das mit Chantalle-Justine und Marc-Oliver-Dustin-Justin-Jason heute in der Schule passiert ist, während Frau Schulze-Müller-Habermann gar nichts gemacht hat.
Mittendrin flattern irgendwie eine Menge neuer Blätter auf dem Küchentisch ein. Schulfotograf, Theaterbesuch, Kopiergeld (Katsching, bitte zahlen Sie jetzt, gehen Sie nicht über Los.......).
Die Englischarbeit ist vermutlich in die Hose gegangen und übrigens, da ist ne Elternbeiratssitzung und da fällt die Schule aus....
Und am Sonntag ist Handballturnier.
Ich schaue in meinen Terminplaner und sehe keine freie Spalte.
 

  Das Haus sieht aus wie Sau. Die aufgeschüttelten Kissen, die zusammengelegten Decken fliegen auf dem Sofa umher, wahlweise auf dem Teppich, denn sie bauen gerade Buden und schreien "WO BIN ICH??"
Ich sehne die Schlafenszeit herbei.
Und täglich grüßt das Murmeltier.
Der nächste Morgen, der nächste Tag- genauso.
Ich sehne das Wochenende herbei.
Leider ist ein Wochenende bei uns kein Wochenende wie in der Werbung. Statt weißer Bettwäsche und selig wohligem Lächeln und kuscheln im Bett haben wir Kinder, die nach Frühstück brüllen, während sie sich prügeln. Wahlweise darum, wer den Tisch decken darf oder muss (je nach Stimmung) oder wer das Spielzeug zuerst hatte.
Das renitente Teenagermädchen stöhnt: "OOOooh Leute, euer Ernst?! kommt mal runter!"
Die Bügelwäsche schaut mich vorwurfsvoll an. Während ich sie weg bügle und mich darüber freue, mit der Hausarbeit durch zu sein, haben Mainzelmännchen alle Wäschekörbe wieder wie durch Zauberhand mit Dreckwäsche gefüllt.
Ich freue mich auf den Montag.
Sonntag. Wir haben Besuch.
Die Frage kommt auf, was ich denn jetzt eigentlich mache. Ob ich wieder arbeite oder "nur zuhause " bin.
Antwort meines Mannes:
"Sie näht den ganzen Tag. Sie tut ja nichts anderes als nähen."
 
 
Ich schweige.
 
 
Warum ich nähe?
 
 
Weil das Ergebnis, das ich hinterher in den Händen halte, länger anhält als das Ergebnis, wenn ich einen ganzen Tag lang zuhause geschrubbt, geputzt, gebügelt und geackert hab.
Weil ich weg atmen muss, dass ich einen ganzen Vormittag alle Fenster im Haus geputzt hab - und abends bereits auf verschiedenen Höhen verschieden große Handabdrücke auf verschiedenen Fenstern in verschiedenen Räumen zu sehen sind. Oder Abdrücke von Katzenpfoten oder Hundenasen.
Ich nähe, damit ich wenigstens in einem Bereich das Gefühl habe, nicht gegen Windmühlen zu kämpfen.
Weil ich sehe, was ich geschaffen hab.
Und es nicht innerhalb weniger Minuten durch eine Horde Kinder wahlweise Ehemann zerstört ist.
Keiner, wirklich keiner, bereitet dich darauf vor, wie es ist erwachsen zu sein. Wie es ist, Kinder zu haben.
 

  Und keiner sagt dir, dass du jeden Abend tot ins Bett fallen wirst.
 
Und keiner sagt dir, dass es die schönste Zeit in deinem Leben ist.
 
 

  *****
Sm: 20 Minuten Longshirt von muckelie
Plott Datei von Wiener Maedchen, geplottet aus Snappap

ab zu RUMS

5 Kommentare:

  1. Hallo liebe Bella,
    der ganz normale Wahnsinn.
    Eines kann ich Dir sagen diese wilde Zeit geht Viel zu schnell vorbei und ich würde vieles dafür geben noch einmal einen Tag so zu erleben.
    Mein Mann ist vor 10 Jahren verstorben und wir haben 3 Söhne groß gezogen. Heute bin ich 61 Jahre alt seit 2011 ganz allein zu Hause und manchmal auch sehr einsam und alleine.
    Nimm es Bitte ein wenig leichter putzen und bügeln kannst Du noch genug wenn die Kinder aus dem Hause sind, da hast Du dann sooooo viel Zeit. Da ich gerne nähe habe ich auf alle Fälle immer die Freude an meinen Sachen. Leider hab ich keinen Blog und noch kein Instagram.
    Bleib cool, allerdings verstehe ich Dich so gut, weil es mir ähnlich ging.
    Es grüßt Dich ganz herzlich WALTRAUD

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  2. Liebe Bella
    Auch ich habe 6 Kinder und wir machen dazu noch Hausunterricht. Mein Mann geht sehr früh raus und kommt erst abends gegen 19:00 Uhr nach Hause. Ich kenne das Gefühl gehetzt zu sein auch manchmal. Vor allem, weil man immer noch mehr putzen und werkeln könnte und immer noch mehr für alle da sein sollte. Es gibt einfach ein bodenloses Loch an Bedürfnissen ;). Aber die Kinder helfen bei uns im Haushalt immer mehr und so wird es doch einfacher. Bei uns sind die ganze Zeit alle Kinder da und somit viiiiel Dreck und Lautstärke. Aber die Fahrerei fällt weg und ich muss nicht arbeiten gehen. Somit ist es sehr schön für uns alle.

    Ich wünsche Dir viel Kraft innezuhalten und Zeit zum Lieben zu finden. Jeder Tag kann der letzte sein, an dem du deinen Kindern und deinem Mann in die Augen schauen darfst.

    Ganz liebe Grüße, Nicole

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  3. Oh ich habe so gelacht bei deinem Beitrag. Ich habe mich so wiedererkannt. Vielen Dank dafür. Wir Muttis machen schon alles 😜 Und ja, nähen schafft Werke, die man dauerhaft bewundern kann.

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  4. Achja, ich freue mich schon auf diese Zeit ;-). Viel Kraft wünsche ich dir weiterhin, du meisterst das schon 😊 schön ist dein Oberzeil!

    Liebe Grüße,
    Anna

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Bienvenue und HALLO!
Ich freue mich immer über Kommentare und liebe Worte!
Alles Liebe,

Bella